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Hier zu sehen und zu hören auf vier großen Bildschirmen.
Mythos, Tod und Totentanz:

Den Tod können wir ignorieren, derartig verdrängt verkennen wir aber seine Bedeutung für ein erfülltes Leben. In allen Kulturen finden wir vielgestaltige Rituale, Schriften und Vorstellungen über das Sterben, wenn wir uns dem Thema annähern: In Musik, Bildern, Skulpturen, Fotos, Texten, Filmen etc., hier zu sehen und zu hören auf vier grossen Bildschirmen Mythos, Tod und Totentanz: Bilder vom tanzenden Tod und seiner bis in frühe Epochen zurückreichenden Tradition sind bis heute von ungebrochener Faszination. Im Mittelalter erreichte das Sterblichkeitsbewusstsein seinen Höhepunkt und fand einen ganz neuen Ausdruck im Motiv des Totentanzes. Auch wenn die Bildsprache höchst unterschiedlich von humorvoll bis skurril zu bitterernst reicht, das Motiv ist stets dasselbe und hat bis heute nichts von seiner Aktualität verloren: Der Tod bittet alle zum Tanz, unabhängig von Stand, Besitz und Ansehen.

Der Tod wird digital: Im Mittelpunkt dieser Ausstellung und deren multimedialen Darstellungen steht der künstlerische Umgang des Menschen mit seiner Sterblichkeit, insbesondere mit zeitgenössischen Bezügen. Mit den heutigen digitalen Reproduktionsmöglichkeiten sind wir z.B. in der Lage, den im Original ca. 30 Meter langen „Totentanz der Marienkirche in Lübeck“ in der Eingangshalle zu zeigen.

Der Totentanz

Tanz der Gerippe, Holzschnitt von Michael Wolgemut
in Hartmann Schedels Weltchronik von 1493

Danse Macabre – eine Kunstform des späten Mittelalters, in der Leben und Tod, Krankheit und Gesundheit, als zusammenhängendes Ganzes Darstellung fanden. Erstmalig 1424 in Paris, Mauer des Friedhofs „Cimetière Des Innocents“. Bilder und Texte führen dem Menschen dessen unausweichliche Sterblichkeit vor Augen. Es entspricht einem uralten menschlichen Bedürfnis, den Tod zu personifizieren. Angeführt vom personifizierten Tod tanzen Mann und Frau, Kaiser und Bettler, Reich und Arm, Alt und Jung dem Gericht Gottes entgegen. Asketische Verse forderten auf, sich den Tod bewusst zu halten, aber leichter und gelassener zu leben. „Fliehe das weltliche Vergnügen! Um gut zu sterben und lang zu leben!“

Basler Totentanz

Aquarellkopie des Basler Totentanzes von 1806 (Johann Rudolf Feyerabend) Original 1437-1441
ehem. Friedhofsmauer des Basler Dominikanerklosters

Personifizierter Tod tanzt mit Menschen jeden Alters und Standes im Reigen. Hierarchische Anordnung der Stände wird aufgehoben. Vor dem Tod sind alle gleich. Doch ist er nicht die letzte Instanz, er ist lediglich ein Sendbote und ein Vollstrecker; denn das Endgericht Gottes steht noch aus, vor dem der Einzelne sich zu verantworten hat.

Was hat uns der Totentanz heute zu sagen? Im Bewusstsein des Todes löst man sich vom Wahn, immer jung, dynamisch und produktiv sein zu müssen. Man gewinnt sowohl an Ausdauer, Gegenwart und Dankbarkeit, sowie an Beziehungsfähigkeit. Er vermittelt ganzheitliches Denken, weniger strategisch und nicht unbedingt. Die Ausstellung „Tanz mit Tod im Leben…“ will Lebensfreude vermitteln. Also schalten wir um von Todesbetrachtung auf Lebensbetrachtung, welche in ihrer Einfachheit nur noch den Kern sucht: Welchen Sinn hat unser Leben und was machen wir daraus in Anbetracht des Todes.

Der Ambulante Hospiz- und Palliativdienst Meschede feiert in diesem Jahr sein 20 jähriges Bestehen. Er möchte mit dieser Ausstellung den grundlegenden Gedanken anregen, den Tod als Teil des Lebens zu vergegenwärtigen, um das Leben erfüllt zu gestalten. Umgekehrt in der letzten Lebensphase wiederum das Sterben mit Leben zu füllen, Leben fühlen zu lassen und Halt zu geben durch Nähe.

Ulrich Rützel

Kurator der Ausstellung

Ulrich Rützel ist Musikproduzent, Musikverleger und Mitbegründer des internationalen Multimediafestivals „ARS ELECTRONICA“ in Linz/Österreich, sowie Gründer und ehemaliger Besitzer der Musikfirmen ERDENKLANG MUSIK und CCn´C RECORDS. Seit 2006 arbeitet er als Berater für Musik- und Medienprojekte.